CARMEN HILLERS


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Serie bianca und Lyric Pieces

von Thomas Sello, Hamburger Kunsthalle

Es ist vor allem die schwingende Leichtigkeit, die so viele Werke von Carmen Hillers bestimmt, selbst wenn die Farben stark verdichtet aufgetragen sind wie bei den Lyric Pieces. Die Bilder schwingen nicht nur in Formen und Rhythmen der Linien, sondern auch im Farbauftrag. Es sind keine Leinwände, sondern Carmen Hillers malt auf leichtem Stoff, Voile, ein wenig lichtdurchlässig, der als Struktur unter der Farbe sichtbar bleibt: Denn die Farbe, als Eitempera aufgetragen, wird in den Flächen schwingen wie Töne der Musik. Aus der Nähe lässt sich erkennen, dass in dieser Malerei jeder Pinselstrich nicht nur „sitzt“, sondern er schwingt im Rahmen eines zarten Liniengespinstes, das in der Regel nicht auf die Farbe gesetzt ist, sondern durch minutiöse Aussparungen entsteht, bei denen darunter liegende Farbschichten oder das reine Gewebe des Stoffes hervortreten.

 

Und erst recht ist die Serie bianca, die Weiße Serie, von Leichtigkeit geprägt. Die Linien bestehen aus feinen Seidenbändern, mit der Hand aus bemalten Stoffen ausgeschnitten. Erst beim Fixieren auf den weißen Karton werden die Linien und Formen spontan und meditativ modelliert. Dabei entstehen lebhafte Ränder, vergleichbar den Graten einer Kaltnadelradierung, eine Erfindung Rembrandts: Mit der Radiernadel wird in die Kupferplatte kraftvoll geritzt, wodurch die Ränder der Linien ausgefranste Grate erhalten, die die spontane Handschrift des Künstlers erkennen lassen. Eine solche Spontaneität ist ein wesentliches Merkmal für Hillers‘ Arbeiten aus der Serie bianca, die andererseits eine große Ruhe ausstrahlen.